Was ist Breathwork?

Der Begriff Breathwork umfasst verschiedene Atemtechniken, die bewusst eingesetzt werden, um die körperliche, emotionale und mentale Gesundheit zu verbessern, Stressempfinden zu reduzieren und die Resilienz zu erhöhen, aber auch um spirituelles Wachstum zu fördern. 

Breathwork gewinnt in den modernen, westlichen Kulturen immer mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung, wird aber schon seit Jahrhunderten in den spirituellen und kulturellen Traditionen überall auf der Welt praktiziert. Mittlerweile belegen auch zahlreiche Studien die Bedeutung bewussten Atems auf mentale Gesundheit, körperliches Wohlbefinden, Longevity und spirituelles Wachstum.


Atem: Geschenk und Lebensenergie

Jeder Mensch hat ein ganz eigenes Atemmuster, so individuell wie ein Fingerabdruck. Der Atem ist die eine Konstante im Leben. Alles andere verändert sich – Familie, Freund/innen, Job, der Körper altert etc. Dein Atem ist immer bei dir; vom Anfang bis zum Ende. Arbeitest du mit dem Bewusstsein, möchtest deinen Geist schulen und folgst dabei dem Atem, gelangst du sehr schnell und direkt zu den Wurzeln. Der Atem ändert sich mit deinen Emotionen und Handlungen: ob du liest oder rennst, ob du gestresst bist, dich ärgerst oder lauthals lachst. Du kannst jede Situation und deine mentale und emotionale Bewertung drauf an deinem Atemrhythmus ablesen. Und umgedreht deine Gedanken und Emotionen durch deinen Atem lenken.

Gleichzeitig ist der Atem das größte Geschenk deines Lebens. Atem wurde und wird dir in jedem Moment aufs Neue gegeben, ohne dass du etwas dafür tun musst. Wenn du es so sehen möchtest, hat dir das Universum gleich zu Beginn das größte Geschenk und die wichtigste Lektion mitgegeben: 

Du bist wertvoll und genau richtig so, wie du bist. Du musst nichts tun. Du darfst einfach sein. Dein Atem kommt und geht und kommt, ohne dass du etwas dafür tun musst. Vertraue.

Im Altertum galten die Lungen als Flügel der Seele und der Atem als Möglichkeit, sich mit der Seele zu verbinden. Das Wort "einatmen" stammt vom lateinischen inspirare, was auch inspiriert sein oder beseelt sein bedeutet. 

Atem ist Lebensenergie. Begreifen wir, wie wir bewusst mit dem Atem arbeiten, können wir nicht nur eine Verbindung zum Körper, dem Geist und der Seele herstellen, sondern auch mit ihnen kommunizieren. Heften wir den Geist durch die Atmung an den Körper, finden wir Ruhe und Balance. Die Verbindung zwischen Atem und Geist betont der Ayurveda-Experte und Arzt Vasant Lad in seinem Buch "Lehrbuch Ayurveda": 

Die physische Manifestation von Prana ist der Atem. Zwischen Atem und Geist besteht eine enge Beziehung. Nach den Ayurveda-Lehren ist der Atem der körperliche Teil des Denkens und das Denken der psychische Teil des Atmens. Jeder Gedanke verändert den Rhythmus des Atems. Ist ein Mensch glücklich und ruhig, atmet er rhythmisch.

Der Atem kann auch Zugang zum eigenen energetischen und spirituellen Körper verschaffen. In diesem Sinne kann Breathwork spirituell sein, weil im bewussten Atmen die Wahrnehmung von Körper und Geist schwindet und eine spirituelle Verbindung zum authentischen Selbst und dem Universum oder Gott möglich ist. Die Bhastrika-Atmung (s.u.) kann zum Beispiel gezielt eingesetzt werden, um die Kundalini-Energie zu wecken, in ein höheres Bewusstsein einzutauchen und Gefühle von bedingungsloser Liebe, Frieden und Verbundenheit zu erfahren.

Hintergrund: Breathwork in anderen Kulturen und Traditionen

Vom Yoga in Indien, über schamanische Praktiken in Sibirien, Nordamerika und dem Amazonas über den Zen-Buddhismus und die Sufi-Mystik des Islams: überall auf der Welt greifen spirituelle und kulturelle Traditionen auf Breathwork zurück, um Lebensenergie zu steuern, Körper und Geist zu harmonisieren, spirituelle Erfahrungen zu fördern und Heilungsprozesse anzuregen. 

Breathwork im Yoga und Ayurveda: Pranayama

In Indien bezeichnet man die Atempraxis als Pranayama. "Prana" ist Sanskrit und bedeutet Lebensenergie. "Yama" bedeutet Regulation, Expansion oder Kontrolle. Es gibt mehrere Deutungen des Wortes Pranayama: zum Beispiel Kontrolle des Atems aber auch Lebenskraft durch den Atem erhöhen und ausweiten. Pranayama hat tiefe Wurzeln in der indischen spirituellen Tradition und wird in Yoga und Ayurveda weit verbreitet praktiziert, zum Beispiel um geistige Klarheit, innere Ruhe und Ausgeglichenheit zu fördern sowie die Verdauung zu verbessern. Pranayama wird aber auch bewusst eingesetzt, um Energiekanäle, die Nadis, zu reinigen, das Bewusstsein auf tiefere meditative Zustände vorzubereiten und spirituelles Wachstum zu fördern. Es gibt eine Vielzahl von Pranayama-Übungen, wie Nadi Shodhana (Wechselatmung) und Kapalabhati (Feueratem), die unterschiedliche Vorteile für Körper, Geist und Seele haben und entsprechend eingesetzt werden.

Breathwork im Buddhismus

Auch in der buddhistischen Praxis spielt die Achtsamkeit auf den Atem (Anapanasati) eine zentrale Rolle. Diese Meditation fördert Konzentration, Achtsamkeit und tiefe Einsicht in die Natur des Geistes.
In der Zen-Buddhismus-Tradition ist die bewusste Atmung ein wesentlicher Bestandteil der Meditation. Zazen, die Sitzmeditation, beinhaltet das Zählen und Beobachten des Atems, um den Geist zu beruhigen und tiefe Achtsamkeit zu entwickeln.

Breathwork in der chinesischen Kultur

In der chinesischen Kultur sind Atemübungen verankert, die darauf abzielen, das Qi (Lebensenergie) im Körper zu kultivieren und zu regulieren. Qi Gong und Tai Chi kombinieren langsame, fließende Bewegungen mit bewusster Atmung, um Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern.

Breathwork in der Sufi-Mystik

Die Sufi-Mystik des Islam verwendet Atemübungen in Verbindung mit Zikr (repetitive Gebete und Gesänge), um das Herz zu reinigen, spirituelle Reinheit zu erreichen und eine tiefere Verbindung zu Gott herzustellen.

Breathwork und Schamanismus

Viele schamanische Traditionen, sowohl in Sibirien als auch bei den indigenen Völkern Nordamerikas, verwenden Atemtechniken, um veränderte Bewusstseinszustände zu erreichen. Diese Techniken beinhalten oft schnelles, rhythmisches Atmen, um tiefe spirituelle Erfahrungen und Heilungsprozesse zu unterstützen.Während Schwitzhüttenzeremonien nutzen indigene Völker Nordamerikas Atemtechniken, um den Reinigungsprozess zu unterstützen und eine tiefere spirituelle Erfahrung zu ermöglichen. Diese Atemtechniken helfen, die Hitze zu ertragen und den Körper und Geist zu reinigen.Bei Ayahuasca-Zeremonien im Amazonasgebiet nutzen Schamanen spezifische Atemtechniken, um den Körper auf die Einnahme des psychoaktiven Tees vorzubereiten und die spirituelle Reise zu vertiefen. Diese Techniken helfen, den Geist zu fokussieren und den Zugang zu transzendenten Zuständen zu erleichtern.

Breathwork in der Aboriginal-Kultur

Auch in der Aboriginal-Kultur Australiens hat der Atem eine zentrale Bedeutung in der Verbindung zu Spirit und Natur. Im The Dreaming oder Dreamtime, dem zentralen spirituellen Konzept der Aboriginal-Kultur, das u.a. die Schöpfungsgeschichte, die Entstehung der Welt und Beziehung aller Lebewesen erklärt, ist der Atem nicht nur die Brücke zwischen den Menschen und der Natur, sondern auch zu den Ahnen. Die Aboriginals, die ein tiefes Verständnis für die Natur haben, praktizieren Atemübungen auch, um die Verbindung zu den Elementen – Erde, Wasser, Luft und Feuer – zu stärken. Der Atem wird als Mittel gesehen, um die Lebenskraft der Natur aufzunehmen und sich mit ihr zu harmonisieren. In Zeremonien und Ritualen werden Atemtechniken außerdem verwendet, um eine tiefere Verbindung zum Dreaming und den Ahnen zu erreichen, Trance zu erreichen, Visionen zu empfangen und Heilung zu erfahren. Der Atem wird auch als Mittel betrachtet, um spirituelle Weisheit zu erlangen und die Geschichten und Lehren der Ahnen lebendig zu halten.

Diese Techniken zeigen, dass bewusstes Atmen in vielen Kulturen eine bedeutende Rolle spielt, um körperliche und geistige Gesundheit zu fördern, den Körper zu reinigen, spirituelle Erfahrungen zu vertiefen und die Verbindung zur Umwelt und zum Selbst zu stärken.


Breathwork und die Wissenschaft

Die mentalen und körperlichen Auswirkungen und Vorzüge von Breathwork sind mittlerweile nicht nur ausreichend wissenschaftlich belegt, sondern auch allgemein bekannt. Schon allein der Fokus auf die Bauchatmung, also auf ein tiefes, verlangsamtes Ein- und Ausatmen, beruhigt den Vagusnerv und damit das Parasympathische-Nervensystem, reduziert den Herzschlag und den Blutdruck, führt zu einer erhöhten Sauerstoff-Aufnahme, entspannt die Muskeln im Nacken und oberen Brustkorb, unterbricht Gedankenkreisen und zerstreut emotionale Energie, sodass weniger (körperliche) Reaktionen auf Emotionen folgen. 

Studien zeigen, wie Meditationen, die gezielt den Atem einsetzen, die Behandlung von Depression, Angst und Posttraumatischen Belastungsstörungen unterstützen und somit die mentale Gesundheit verbessern.
Folgende drei Studien belegen die positiven Auswirkungen von Breathwork auf die mentale Gesundheit und das Immunsystem.


1. Studie zur Wirkung von Pranayama auf Gehirnfunktion, Angst und Emotionen

Diese Studie untersuchte die Auswirkungen einer 30-tägigen Bhastrika-Praxis auf die Gehirnfunktion, Angst und Stimmung. Die Ergebnisse zeigten, dass Pranayama-Übungen Angstzustände und negative Stimmungen reduzieren und positive Stimmungen fördern können, indem sie die Aktivität und Konnektivität in Gehirnregionen beeinflussen.

Veröffentlichung: Frontiers in Psychology, 2021
Morgana M. Novaes, Fernanda Palhano-Fontes u.a.: Effects of Yoga Respiratory Practice (Bhastrika pranayama) on Anxiety, Affect, and Brain. Functional Connectivity and Activity: A Randomized Controlled Trial


2. Studie zur Holotropen Atemarbeit und emotionaler Heilung

Holotrope Atemarbeit ist eine intensive Form des Atems, die oft in therapeutischen Sitzungen zur emotionalen Heilung verwendet wird. Eine Studie von 2015 untersuchte die Auswirkungen dieser Atmung. Die Teilnehmenden, die regelmäßig an den Atemsitzungen teilnahmen, zeigten signifikante Verbesserungen in der emotionalen Stabilität, Reduktion von Angstzuständen und Depressionen. Dies deutet darauf hin, dass intensive Atemübungen tiefsitzende emotionale Blockaden lösen und zur mentalen Gesundheit beitragen können.

Veröffentlichung: Journal of Alternative and Complementary Medicine, 2015S.
Eberle, T. Fisher, M. Grof:  Effects of Holotropic Breathwork in the Treatment of Emotional Disorders: A Randomized Controlled Trial


3. Studie zur Wim-Hof-Methode und Immunfunktion

Eine Studie von 2014 hat die Auswirkungen der Wim-Hof-Methode auf das Immunsystem untersucht. Die Wim-Hof-Methode kombiniert spezielle Atemübungen mit Kältetherapie. Die Ergebnisse zeigten, dass bei den Teilnehmer/innen, die die Methode praktizierten, das sympathische Nervensystem stärker aktiviert und entzündliche Reaktionen signifikant reduziert waren. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass gezielte Atemübungen das Immunsystem stärken und die Widerstandsfähigkeit gegen entzündliche Prozesse erhöhen können.

Veröffentlichung: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2014
Matthijs Kox, Peter Pickkers u.a.: Voluntary activation of the sympathetic nervous system and attenuation of the innate immune response in humans

Diese Studien liefern überzeugende Beweise dafür, dass Atemübungen nicht nur die mentale Gesundheit fördern, sondern auch das Immunsystem positiv beeinflussen können.


Breathwork und der Vagusnerv

Der Vagusnerv ist der längste Nerv des autonomen Nervensystems. Er spielt deshalb eine entscheidende Rolle im Stressempfinden und bei Entspannungsübungen. 

Bedeutung des Vagusnervs bei Stressempfinden

Denn: Der Vagusnerv ist ein Hauptbestandteil des parasympathischen Nervensystems, das für "Rest and Digest" zuständig ist. Er hilft, den Körper nach einer Stressreaktion wieder in einen Zustand der Ruhe und Entspannung zu bringen. Der Vagusnerv hilft, die Herzfrequenz zu senken und den Blutdruck zu regulieren, was wichtig ist, um die physiologischen Reaktionen auf Stress zu kontrollieren. Wird der Vagusnerv aktiviert, wird die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol reduziert, was wiederum zu einer hormonellen Balance führt. Wir kehren zu emotionaler Beruhigung und körperlicher Entspannung zurück. Stress kann das Verdauungssystem negativ beeinflussen. Für “Rest and Digest” zuständig, fördert der Vagusnerv Verdauungsprozesse und kann helfen, stressbedingte Verdauungsprobleme zu lindern.

Bedeutung des Vagusnervs bei Entspannungsübungen

Warum haben wir den Eindruck, dass Breathwork und andere Entspannungstechniken das Wohlbefinden fördern?  Meditation, Breathwork und andere Entspannungstechniken aktiveren den Vagusnerv, was die parasympathische Aktivität erhöht und den Körper in einen Zustand der Entspannung versetzt. Auch Kältereize – zum Beispiel durch Eisbaden oder kalte Duschen – können den Vagusnerv aktivieren und helfen, den Körper in einen entspannten Zustand zu versetzen. Ebenso stimulieren Aktivitäten wie Singen, Summen oder Brummen die Vibrationen des Vagusnervs und die erwünschten Effekte erzielen. Ist der Vagusnerv aktiviert, werden Neurotransmitter wie Acetylcholin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA) freigesetzt, die entspannende und angstlösende Wirkungen haben.

Wird eine Aktivierung des Vagusnervs gefördert, führt das langfristig zu einer Verbesserung der Herzratenvariabilität (HRV). Eine höhere HRV ist ein Zeichen für ein gesundes und anpassungsfähiges autonomes Nervensystem.

Der Vagusnerv ist somit ein zentrales Element in der Stressbewältigung und bei Entspannungsübungen, da er eine Brücke zwischen Körper und Geist bildet und dazu beiträgt, den Körper in einen Zustand der Ruhe und Erholung zu versetzen.


Breathwork und die körperlichen, mentalen und emotionalen Effekte 

Bewusstes Atmen beeinflusst das autonome Nervensystem, das Immunsystem und das Herz-Kreislaufsystem, reduziert Stress, verbessert die Sauerstoffversorgung des Körpers und fördert neben dem allgemeinen Wohlbefinden auch die spirituelle Entwicklung. Breathwork hat zahlreiche positive Effekte auf den physischen, emotionalen, mentalen und spirituellen Körper, die ich für mehr Übersichtlichkeit knapp zusammenfasse:

1. Körperliche Benefits

  • Verbesserung der Lungenkapazität und Atemmuster: Regelmäßiges Breathwork kann die Lungenfunktion verbessern und helfen, effizienter zu atmen.
  • Stärkung des Immunsystems: Tiefes Atmen kann die Sauerstoffzufuhr im Körper erhöhen, was das Immunsystem stärkt.
  • Stressreduktion: Durch die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems hilft Breathwork, den Körper in einen Zustand der Entspannung zu versetzen.

2. Mentale Benefits

  • Konzentrationssteigerung: Atemübungen können die geistige Klarheit und Konzentration verbessern.
  • Reduktion von Angst und Depression: Breathwork kann dazu beitragen, die Symptome von Angstzuständen und Depressionen zu lindern, indem es die Balance der Neurotransmitter im Gehirn beeinflusst.
  • Förderung von Achtsamkeit: Bewusste Atemtechniken bringen dich in den gegenwärtigen Moment und fördern Achtsamkeit.

3. Emotionale Benefits

  • Emotionales Gleichgewicht: Breathwork kann helfen, emotionale Blockaden zu lösen und ein tieferes emotionales Gleichgewicht zu erreichen.
  • Freisetzung von unterdrückten Emotionen: Durch tiefes Atmen können unterdrückte Emotionen an die Oberfläche kommen und verarbeitet werden.
  • Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens: Regelmäßige Praxis kann zu einem gesteigerten Gefühl des Wohlbefindens und der inneren Ruhe führen.

4. Spirituelle Benefits

  • Vertiefung der Selbstwahrnehmung: Breathwork kann helfen, das Bewusstsein zu erweitern und eine tiefere Verbindung zu sich selbst herzustellen. Mehr Selbst-Bewusstsein führt zu einem besseren Verständnis der eigenen Gedanken und Emotionen sowie Akzeptanz des eigenen Selbst.
  • Erhöhung der Präsenz: Breathwork fördert die Achtsamkeit und hilft, im gegenwärtigen Moment zu bleiben. Diese erhöhte Präsenz stärkt die Verbundenheit mit dem Hier und Jetzt, zu sich selbst und der Umwelt.
  • Energetische Reinigung und Bewusstseinserhöhung: Breathwork kann dazu beitragen, blockierte oder stagnierende Energien im Körper zu lösen. Diese energetische Reinigung und Bewusstseinserhöhung kann das Gefühl der Verbundenheit, Harmonie, des inneren Friedens und der Liebe verstärken. Oft werden durch das bewusste Atmen Prozesse angeregt,  die tiefsitzende emotionale und spirituelle Wunden heilen. 

Überblick: Breathwork-Techniken

Aus dem Yoga sind die Pranayama-Techniken wie Nadi Shodhana (Wechselatmung) und Kapalabhati (Feueratmung) bekannt, Breathwork nach der Wim-Hof-Methode oder Box Breathing, eine Technik, bei der der Atem in gleichmäßigen Intervallen eingeatmet, gehalten, ausgeatmet und wieder gehalten wird.

In diesem Abschnitt möchte ich dir einige Breathwork-Techniken vorstellen, damit du nicht nur einen Überblick erhältst, sondern auch entscheiden kannst, womit du weiter üben möchtest, um Ruhe und Konzentration zu fördern. Im besten Fall entwickelst du durch regelmäßiges Breathwork ein Bewusstsein für deinen Atem und dein ganz individuelles Atemmuster. Indem du dir über deinen Atem und Veränderungen deines Atems in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Gedanken bewusst bist, kannst du damit arbeiten und deine körperliche, mentale und emotionale Reaktion darauf beeinflussen. 

1. Einstieg – Mehr Bewusstsein für deinen Atem

Schenke deiner Atmung deine Aufmerksamkeit – zu Beginn einer Meditation oder zwischendurch im Verlauf des Tages. Wähle einen aufrechten Sitz oder lege dich hin. Lenke deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem. Wie fühlt sich das an?  (Wenn etwas mit deiner Atmung nicht richtig ist, sie sich eingeklemmt anfühlt, ist das häufig ein erstes Anzeichen, dass etwas an deinen Gedanken oder Reaktionen auf eine bestimmte Situation nicht stimmt.) Beobachte, wie leicht der Atem ein- und ausströmt. Einfach so. Du musst gar nichts tun. Wie fühlen sich deine Nasenflügel an? Ist die einströmende Luft kühl? Was macht der Atem mit deinem Körper. Lenke deine Aufmerksamkeit auf deine Gedanken. Sind sie wertend? Spüre in das Glück hinein, dass dein Atem und dein Herz dir geschenkt wurden und unablässig für dich arbeiten, ohne dass du daran denken musst. Lass alle deine Gedanken los. Genieße dieses pure Glück, die Ruhe und Stille für eine Weile.

2. Die Bauchatmung

Diese Atemtechnik lenkt die Aufmerksamkeit auf den Körper und beruhigt den Geist. Wenn du keine Vorkenntnisse durch Yoga hast und Pranayama neu für dich ist, empfehle ich dir, diese Übung zunächst im Liegen durchzuführen (evtl. mit angewinkelten Beinen), um die Bewegungen des Atems und der Muskeln im Bauchraum besser spüren zu können. Aber auch im Sitzen, zum Beispiel im Fersensitz, lässt sich die Bauchatmung gut üben.

Lege eine Hand auf deine Brust, die andere auf deinen Bauch. (Traue dich, deinen Bauch so zu spüren und wahrzunehmen, wie er ist. Sei frei von Wertung.)
Atme tief durch die Nase ein und spüre, wie du den Atem tiefer und tiefer in den Bauch hinein ziehen lassen kannst. Nimm wahr, wie der Bauch sich bei der Einatmung ausdehnt und nach oben steigt.
Atme durch die Nase aus und nimm wahr, wie der Bauch absinkt und sich zusammenzieht. Spüre die Kraft deines Atems, indem du beim Einatmen mit der Bauchdecke gegen deine Hand auf dem Bauch drückt. Nimm wahr, wie deine Hand beim Ausatmen wieder absinkt.
Am Ende des Ausatmens sollte deine Hand auf dem unteren Bauch wieder in ihrer ursprünglichen Position sein.
Vielleicht sinkt dein Atem tiefer und tiefer bei jeder Einatmung; und vielleicht verlängert sich dein Atemrhythmus zunehmend.

Du kannst diese Technik, so oft du möchtest und auch ohne die Hände aufzulegen, anwenden. Zum Beispiel an der Kasse im Supermarkt, beim Autofahren, während eines Meetings oder Telefonats auf Arbeit, auf dem Spielplatz – oder wann immer du dich gestresst fühlst.

3. Die Wechselatmung – Nadi Shodana

Bei der Wechselatmung, auch Anuloma Viloma, wird durch ein Nasenloch eingeatmet und durch das andere ausgeatmet. Das bringt die linke und rechte Seite des Körpers und des Gehirns energetisch wieder in Harmonie. Im Yoga wird diese Technik angewandt, weil sie stark ausgleichend auf die Energiekanäle Ida und Pingala wirkt. Fühlst du dich rastlos, ängstlich oder kannst nicht einschlafen, wirst du dich mit dieser Atemübung sofort ruhiger fühlen.

Nimm deine rechte oder linke Hand und spreize deinen Daumen und Ringfinger ab (lege den kleinen Finger an den Ringfinger an; Zeige- und Mittelfinger kannst du einklappen). Diese Handhaltung wird Vishnu Mudra genannt. (Über Mudras erfährst du mehr im nächsten Kapitel.) Nimm die Hand, mit der du lieber arbeiten möchtest; wichtig ist, dass du mit dem Daumen das eine Nasenloch verschließt und mit dem Ringfinger das andere. So geht es mit der rechten Hand:

Verschließe mit deinem rechten Daumen dein rechtes Nasenloch und atme tief durch dein linkes Nasenloch ein. Bist du am Höhepunkt deiner Einatmung angelangt, verschließt du dein linkes Nasenloch mit deinem Ringfinger, hältst inne, löst den Daumen deiner rechten Hand und atmest langsam und sanft durch dein rechtes Nasenloch aus. Nach einer vollständigen Ausatmung atmest du wieder durch das rechte Nasenloch ein, verschließt es auf dem Höhepunkt mit deinem rechten Daumen, löst deinen Ringfinger und atmest langsam und genüsslich durch das linke Nasenloch aus. 

Du wechselst also Ein- und Ausatmung durch deine Nasenlöcher ab. Dein Atem sollte frei und entspannt fließen und dein Geist damit beschäftigt sein, den Fluss des Atems zu beobachten. Gönne dir drei bis fünf Minuten für diese Übung.

4. Ujjayi – Die ozeanische Atmung

Diese Atmung verursacht ein sanftes Rauschen in der Kehle, wenn der Atem wie der Ozean über den Kehlkopf rollt. Sie wird auch wärmende Atmung genannt, weil sie Agni, das innere Feuer aktiviert. Ujjayi hilft, die Konzentration zu bündeln und wird von vielen Yogis während der Asanas angewendet, insbesondere in dynamischen Yogastilen wie Astanga.

Atme mit verschlossenem Mund tief durch die Nase ein und aus und lass dabei die Luft durch deine verengte Kehle strömen. Dafür ziehst du die Muskeln in deiner Kehle, um deinen Kehlkopf herum, zusammen. Wenn du das richtig machst, klingt der Atem wie das Rauschen des Meeres (und nicht wie ein Röcheln).

Wiederhole das drei bis fünf Minuten oder so lange es sich für dich gut anfühlt.

5. Kapalabhati – Die Feueratmung 

Kapalabhati (auch als “Schädelleuchten” bekannt, denn “kapala” heißt auf Sanskrit Schädel und “bhati” so viel wie leuchten oder Licht) ist ein anregender, reinigender und auch entgiftender Atem, bei der die Ausatmung verstärkt wird. Durch das stoßweise, schnelle Ausatmen wird der gesamte Bauchbereich aktiviert und durchblutet, Agni (das innere Feuer) angeregt und die Lunge vollständig entleert. Es gelangt viel Sauerstoff ins Blut und der Körper entgiftet über den Atem. 

Schwangere und Menschen, die zu Epilepsie, Panikattacken oder Schwindel neigen, sollten kein Kapalabhati üben. Wenn du unsicher bist, kläre das bitte mit deinem/r Arzt/Ärztin oder Yogalehrer/in ab.

Wähle einen bequemen und aufrechten Sitz, z.B. den Fersensitz. Wenn du keine Erfahrung mit dieser Atmung hast, kann es auch hilfreich sein, vor einem Spiegel zu sitzen, um darin die abrupten Bewegungen des Bauches zu beobachten. Atme einmal tief durch die Nase ein und immer wieder heftig durch die Nase aus (als würde deine Bauchwand die Luft herauspressen). Wenn du dich auf dieses heftige Ausatmen oder Ausschnauben konzentrierst, wird die Einatmung ganz automatisch erfolgen. Übe das gern ein paar Mal, bevor du mit dem eigentlichen Kapalabhati beginnst. Probiere dich zunächst mit 20 oder 40 aus, dann mit 60 Atemstößen (oder etwa einer Minute). Bewahre einen ruhigen, aufrechten Sitz – Oberkörper und Kopf bleiben gerade, nur die Bauchdecke ist aktiv. Halte inne, wenn du ermüdest oder dir schwindlig wird. Spüre noch eine Weile nach.

6. Bhastrika - Die Blasebalg-Atmung

Bhastrika ist eine stark aktivierende, energetisierende Atmung, die die Kundalini-Energie weckt. Kundalini ("Schlangenkraft") sitzt am Wurzelchakra (am Ende der Wirbelsäule am Gebärmutterhals bzw. Damm) und kann von dort über die anderen Chakras aufsteigen. Im Gegensatz zu Kapalabhati wird bei Bhastrika nicht nur die Ausatmung aktiv durch das Einziehen der Bauchdecke gesteuert, sondern auch die Einatmung. Dies erfolgt in einem schnellen, gleichmäßigen Rhythmus. Die anstrengende, fortgeschrittene Übung kann als Bewusstseinsarbeit und zum Erwecken der spirituellen Schöpferkraft eingesetzt werden und sollte erlernt werden. 

Schwangere und Menschen, die zu Epilepsie, Panikattacken oder Schwindel neigen, sollten kein Bhastrika üben. Wenn du unsicher bist, kläre das bitte mit deinem/r Arzt/Ärztin oder Yogalehrer/in ab.


Fazit

Breathwork ist eine kraftvolle Praxis, die in vielen kulturellen und spirituellen Traditionen der Welt tief verwurzelt ist. Von den Pranayama-Techniken des Yoga in Indien über die Aboriginal-Kultur Australiens bis hin zu den schamanischen Atemübungen indigener Völker: bewusstes Atmen hat seit jeher eine zentrale Rolle in der Förderung von Gesundheit und der spirituellen Verbindung gespielt. Diese alten Praktiken werden heute durch moderne wissenschaftliche Erkenntnisse unterstützt, die die vielfältigen Vorteile von Breathwork bestätigen.

Auf körperlicher Ebene kann Breathwork die Sauerstoffversorgung verbessern, Stress abbauen und das Immunsystem stärken. Mental und emotional fördert bewusstes Atmen Klarheit, Konzentration und emotionale Stabilität, während es gleichzeitig tiefsitzende Spannungen und Traumata lösen kann. Spirituell gesehen bietet Breathwork einen Weg, um eine tiefere Verbindung zu sich selbst und dem Universum zu erfahren, was zu einem umfassenderen Gefühl von Frieden und Erfüllung führen kann.

In einem von Hektik und Stress geprägten Leben bietet Breathwork eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, um zu innerem Gleichgewicht und ganzheitlichem Wohlbefinden zu finden. Indem du diese uralten Atemtechniken in deinen modernen Alltag integrierst und das Geschenk des freien Atems annimmst, stärkst du nicht nur deine Resilienz sowie mentale und körperliche Gesundheit, sondern pflegst auch eine tiefere Verbindung zu dir, deiner Seele und dem Großen Ganzen. 

Möchtest du Breathwork in deinen Arbeits- und Lebensalltag integrieren , um konzentrierter zu arbeiten, dein Wohlbefinden ganzheitlich und nachhaltig zu steigern und dein Selbst-Bewusstsein zu stärken? Dann dann arbeite mit mir und ich zeige dir, wie du mit Breathwork bessere Entscheidungen triffst, mehr bei dir bleibst und mit Leichtigkeit deinen beruflichen Erfolg erhöhst.


The mind is the king of the senses but the breath is the king of the mind.
B.K.S. Iyengar


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Dein Workbook für mentale Stärke

„Dieses Workbook ist eine Bereicherung für alle, die in ihre mentalen und emotionalen Ressourcen stärken, ihre Effektivität steigern und in ihr Wohlbefinden investieren wollen.“

Christin Endter

Autorin und Coachin

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